Dienstag, 11. Oktober 2016



25.09.2016


4 Stunden 19 Minuten



 Geschafft :-) Ich bin offizielle Finisherin des 43. Berlin Marathon :-)

Was ich erlebt habe auf meiner vierstündigen Reise durch eine total irre Welt erzähle ich Euch jetzt.
Diesmal bitte ich Euch herzlich ein Kommentar zu hinterlassen, hat es Euch gefallen? Seid Ihr vielleicht selbst Teil des Marathons gewesen, als Läufer oder aber auch als Zuschauer? Wie habt ihr alles erlebt?

Aber von vorn:


24.09.2016 ca.21 Uhr: ich muss ins Bett, ich muss schlafen, ich muss sofort einschlafen ich muss ja ausgeruht sein. Schei.....warum kann ich nicht einschlafen?? Maaaaaaaaaaaaaan ey.......

22:30 Uhr Bauchweh....aber wie....ich möchte weinen ...so ein Mist...es wird nicht besser ;-(

23:30 Uhr Entscheidung fiel gegen Tabletten, Wärmflasche hat gewonnen

1:30 Uhr ok langsam wirds besser, jetzt schlaf endlich


05.00 Uhr AUFSTEHEN, einen Kaffee, Frühstück bekomm ich garnicht runter, mein Bauch rumpelt wie eine Biotonne :-(

Um 06.45 Uhr war ich mit meinen Miezen verabredet, wir wollten Stefan abholen und dann ab nach Berlin.

05:10 Uhr Klo

06.35 Uhr immernoch Klo......erste Gedanken alles abzusagen.

06:45 Uhr Abfahrt.

Mir ging es gar nicht gut, allerdings kannte ich das Gefühl, Gott war ich aufgeregt. Wie ein Teenager der frisch verknallt gleich sein erstes Date hat ...wenn ich jetzt daran denke könnte ich mich kugeln vor lachen.

In Berlin angekommen brachte uns der Lieblingsmensch ganz sicher zum Bahnhof, wir parkten und wollten mit der Bahn nach Berlin Brandenburger Tor fahren. Da machte sich das 2. Problem bemerkbar, meine Blase.
Na gut sind ja nur ein paar Stationen, wird schon gehen. Auf dem Bahnsteig traf ich einen lieben Nachbarn von mir (Hartmut, sprach mir viel Mut zu und wünschte mir nur das Beste für meinen Lauf), das war an diesem Morgen eine wirklich schöne Begegnung für mich.

Nach der Schlacht mit dem Ticket Automaten (ich bin das letzte mal vor 6 Jahren Bahn gefahren) saßen wir endlich im Zug.

Meine Blase meldete das sie definitiv bald versagen würde, wenn ich nicht bald mal etwas dagegen tun würde. Die Bahn füllte sich von Station zu Station mit Läufern und alle quasselten aufgeregt durcheinander. Ich nicht, ich wollte nicht mehr reden, ich war kurz vorm einpullern. Ich hatte schon fast keine Lust mehr, was für ein blöder Start....

Endlich unsere Station erreicht, ab aufs Klo und alles war wieder gut :-)

Auf dem Weg zum Start musste ich den Lieblingsmenschen zurücklassen und mit Stefan allein weiterziehen.



Und nun beginnt die Story Marathon :-)

Ich bin ein Dorfkind, also ich meine damit ich kann echt viel ab, aber liebe Veranstalter, auch in diesem Jahr reichte die Anzahl an Dixies nicht aus. Niemand mag sich in eine 5km lange Schlange stellen, also gings wie immer in die Büsche und so roch es auch überall. Bäh.....
Stefan und ich versuchten vergebens uns etwas nach vorne zu schummeln ;-) Er hätte aus Block E starten können, ich hätte, da ich noch nie einen Marathon gelaufen bin, von Block H wie (ganz) hinten starten müssen. Mit seinem Charme und meiner tollen offenen Art (hahahahahaha) und der eindringlichen Bitte das wir zusammen bleiben wollen (was ja tatsächlich stimmte) schafften wir es dann in Block F.
Die Sonne zeigte sich mehr und mehr von ihrer besten Seite und es wurde immer wärmer.
Nachdem wir in unserem Block standen (noch ziemlich allein) machte sich in mir eine leichte aber schöne Aufregung breit...noch 15min bis zum Start. Der Block füllte sich mehr und mehr und ich sah mit an wie sämtliche Block H wie hinten  Läufer einfach über den Zaun stiegen.....hmmmm... ok dann hätte wir uns das Geschleime ja auch sparen können ....aber was solls ...
Zwischenzeitlich standen wir in einer Menge in der es nicht mehr möglich war Körperkontakt zu vermeiden, wer es mag ok ;-) ca 50 mal wurde mir auf die Füße getrampelt und sich in mindestens 3 verschiedenen Sprachen entschuldigt (ich nehme es jedenfalls an)
Dann noch eine Minute bis zum Start. Es kribbelte überall als plötzliche eine aufgebrezelte Superblondine neben mir schrie:

" Neee ey Moni, ist mir scheiss egal, ich muß jetzt!!! " Ehe mich versehen konnte saß sie einen Meter neben uns entfernt auf dem Gehweg zog ihre Buchse runter (man konnte alles sehen) und lies laufen ......Es war wie ein Unfall, ich konnte einfach nicht wegsehen.
Ich amüsierte mich noch wie Bolle als plötzlich der Schuss ertönte. Ich zog meinen Pulli aus, feuerte ihn in die Seeche von Monis Freundin und los gings.

Wir liefen die Straße entlang bis zur Siegessäule und wurden von einer wunderbaren Menschenmenge begleitet. Sie klatschten und ihre Blicke sagten was ich noch so oft in den nächsten vier stunden und 19 min denken sollte: "Lauf Leen Lauf"


Nach den ersten Metern starteten sämtliche Läufer links und rechts in die Büsche. Ich dachte bei mir "ok besser als Monis Freundin" aber konnte mir nicht erklären wie man eine Minute nach dem Start schon pinkeln muss????

Naja.....ich erinnerte mich an mein Klodrama am frühen morgen und ließ meine Gedanken von dannen ziehen :-)




Ihr wisst ja alle das ich für das Laufen total Team unterwegs bin. Einige meiner Senftenberger Teamkollegen inklusive meines Trainers Heiko setzten sich am Sonntag früh um 6 Uhr in den Zug nach Berlin und ich war so wahnsinnig froh und glücklich zu wissen das sie da sind. Wir hatten abgemacht das der Lieblingsmensch, meine Fahrradmiezen Meli und Care und das Team sich irgendwo finden und bei km 5 das erste mal an der Strecke stehen.
Ich war ganz aufgeregt ob ich sie auch sehen würde und hatte wahnsinnige Angst sie zu verpassen.

dabei waren sie nicht zu übersehen :-)

Wenn ich diese Fotos sehe wird mir immernoch warm ums Herz <3 

Ihr seid einfach die allerbesten<3

Ich möchte sagen, dass ich es ohne diese Bande vielleicht auch geschafft hätte, aber nicht so. Sie haben mich mit Worten und Taten so sehr unterstützt, ich glaube das ist ihnen gar nicht bewusst.

DANKE !!!! 


Nachdem für uns dann bei km 6 einmal glücklich anstrahlen durften, ging es weiter.

Die Masse bewegte sich weiter und weiter ab km 8 lagen bereits die ersten Läufer mit Krämpfen oder anderen Ausfällen am Rand und ich bekam ein wenig bammel....

Stefan hat mich super durch den Lauf begleitet. Da es mega warm wurde, tranken wir an jedem Verpflegungspunkt und liefen einen guten 6er Schnitt.
(Auf Grund der Entwicklung der Temperaturen haben Heiko und ich vorher die Rennstrategie geändert, Zeit raus, Spaß rein, mein erster Marathon sollte nicht im Desaster enden. Am Ende sollte sich herausstellen das da die Erfahrung von Heiko einfach Bände spricht, alles richtig gemacht )

Bei km Halbmarathon wollte ich eigentlich mein Team wiedersehen, leider verpassten wir uns und so hielt ich vergebens Ausschau und war ein wenig traurig.


Aber Berlin wäre nicht Berlin wenn da nicht die vielen tollen Menschen an der Seite gewesen wären.

Im Nachhinein stellte sich heraus das wohl das Kleingeld ausging...hahahahhahaha

Ja so musste Heiko wohl ran :-)








Während sich meine lieben durch das Marathon Gewusel quälten hielt ich weiter gut meinen 6er Schnitt.

Stefan sorge weiter für Getränke und Bananen und weiter ging unser Lauf.
Am Rand lagen nun immer mehr und mehr Läufer die gar nicht gut aussahen. An den Getränkepunkten ging richtig die Luzie ab , dann überholten sie dich wie die armen Irren und 2km weiter lagen sie an der Seite.
Ich versuchte mich nicht beirren zu lassen und klebte weiter in meinem 6er Schnitt.
Die Beine wurden nun auch immer schwerer und müder und wir hatten die 30km Marke passiert.
Plötzlich ging es Stefan nicht so gut. Er bekam Probleme mit der Luft und so entschieden wir uns ein Stück zu gehen. Bis km 35 quälte er sich weiter und dann schickte er mich weiter.
Eigentlich wollten wir uns nicht trennen und ich hatte ein wirklich schlechtes gewissen weiter zu laufen, aber Stefan ist ein super sympatischer und erfahrener Läufer, ich wusste das wenn er sagt das ich weiter laufen soll, er das auch so meint.

So ging meine Reise ab km 35 alleine weiter. Ich fing auf einmal an jeden dieser schmerzhaften Meter zu genießen. Immer wieder wartete ich auf Übelkeit und Krämpfe, all die Läufer die aussahen als würden sie ständig Marathon laufen (teilweise haben sie sich auch so benommen), die an der Seite lagen und aussahen als würde gleich der Notarzt kommen müssen, warum ging mir das nicht so? Beim ersten mal muss mir doch auch oll werden oder?

Diese Gedanken kreisten bis km 37 in meinem Kopf herum und dann passierte das Richtige im richtigen Moment. Meine Fahrradmiezen und mein Team waren wieder da. Genau richtig. Ich spürte quasi wie die Energie Reserven durch den Körper huschten und lief total aufgeputscht mit Beinen die sich wie tot anfühlten weiter.

Dann ging es weiter. Plötzlich hatte ich ein Black Out. Ich wusste nicht mehr wie lang die Strecke war .....hahahahha ich dachte bei km 39 "boaaaaaaaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhhh geil nur noch 1km "

Nach einem km wunderte ich mich warum ich immer noch nicht da wäre....ey das war vielleicht ein besch....Gefühl :-)

Plötzlich schrie jemand wie verrückt meinen Namen, ich kannte die Stimme aber mein Gehirn war mittlerweile "Out of Order" :-)

Dann sah ich sie, meine Mami <3

Jaaaaaaa auch ich bin ja irgendjemandes Tochter :-) und ich liebe meine Mami <3 Ich machte einmal das, was ich den ganzen Tag bei all den ignoranten Läufern gehasst hatte, ich lief einmal quer über die Straße ohne es anzuzeigen. (war aber auch egal, denn in diesem Abschnitt der Strecke lief kaum noch jemand und bei vielen sah es nicht mal mehr wie gehen aus) 




Ich war kurz vorm Heulkrampf, riss mich aber zusammen denn auch meine Luft war ja knapp bemessen :-)

Völlig beflügelt ging es weiter, ich mahnte mich dazu meinen Schnitt zu halten, hatte einen kleinen Mann im Ohr, einen Mann Namens Heiko. Alles, aber auch wirklich alles, mein Training, unsere Gespräche, die Leitsprüche jede Woche auf meinem Trainingsplan, alles aber auch wirklich alles zog auf den letzten Metern an mir vorbei.

Auf einmal hörte ich wieder meinen Namen und da waren sie wieder :-)
So unsagbar wichtig an diesem Punkt für mich.



DANKE <3


 Dann lief ich durch das Brandenburger Tor und kam im lang ersehnten Ziel an. ENDLICH ich hatte es geschafft.

Ich wollte mich so gern freuen, aber im Ziel bot sich mir ein Bild des Grauens, ich war wirklich sehr erschrocken. Ihr wisst ja das ich echt eine Frohnatur bin und in diesem Moment stellte ich alles in Frage.

Warum machen Menschen sowas? Das es einem mal schlecht geht nach einem längeren Lauf, ok. Aber da lagen links und rechts tausende Menschen in Kotze und Co. Die fleißigen Helfer kamen gar nicht hinter her  mit dem Katzenstreu.
Furchtbar.
Ich wartete wieder, anstatt mich zu freuen, wartete ich darauf das ich mich übergeben muss oder zusammen breche.
Aber ich fühlte mich super (bis auf eine rieeeeeesen Blase), zu keiner Zeit fühlte ich mich schlecht also machte ich mich schnell aus dem Staub. Suchte nach meinen Besten und fand sie auch <3

Dann endlich fiel all die Anspannung ab, ich konnte alle in die Arme schließen und dann, endlich fühlte ich das wohlige warme im Herzen,




ich habs geschafft ..... jaaaaa man ich habs geschafft <3

Eure Leen